Liederkranz

1846 fanden sich in Welschneureut einige beherzte und sangesfreudige Männer (Johann Seibert, Christian Gutknecht, Friedrich Durand) mit dem hier im Ort tätigen Hauptlehrer Meinzer im Gasthaus Hirsch zusammen und gründeten den Gesangverein Liederkranz Welschneureut als einen der ersten Gesangvereine der Hardt und als ersten Verein in Welschneureut. Das deutsche Volkslied wollten sie hegen und pflegen. Freiheitslieder oder politische Lieder durften nicht gesungen werden. In einer Niederschrift des großherzoglichen Bezirksamtes Karlsruhe ist zu lesen, dass der Liederkranz Welschneureut 1846 gegründet, die Genehmigung der Statuten aber erst im Jahre 1866 erfolgte.

Ferner steht zu lesen:

"Der Verein kann eines allerhöchsten Gnadenerweises als würdig bezeichnet werden. Der Verein, dessen Mitglieder alle dem Arbeiterstande angehören, hat sich schon mehrmals bei Gesangswettstreiten beteiligt und hierbei drei silberne und eine goldene Medaille errungen."

Nach dem Ende des deutsch-französische Kriegs 1870/71 fanden überall im Land Friedensfeiern statt, so auch am 19. März 1871 in Welschneureut. Der Liederkranz Welschneureut wirkte bei der feierlichen Gestaltung mit und als krönender Abschluss wurden zwei "Friedensbäume", eine Linde und eine Kastanie, im Hof der Kinderschule gepflanzt, die Linde steht heute noch als ehrwürdiges Zeugnis.

Getreu den Bräuchen des 19. Jahrhunderts konnte 1876 - in der nationalstolzen Zeit nach der Reichsgründung - der Liederkranz Welschneureut seine erste feierliche Fahnenweihe begehen.

1890
Der Chor im Jahre 1890

Dirigenten bis zum 1. Weltkrieg waren nach dem Gründungsdirigenten Meinzer Hauptlehrer Bernion (Welschneureut), der dem Verein längere Zeit vorstand, bis er krankheitshalber sein Amt niederlegte.
An seiner Stelle folgte Hauptlehrer Treusch (Teutschneureut). Im Jahre 1894 wurde Albert Haar aus Karlsruhe als Dirigent verpflichtet,der dieses Amt mit ca. dreijähriger Unterbrechung bis zum Ausbruch des Krieges 1914 bekleidete. Unter seiner Stabführung hatte der Verein manchen beachtlichen Erfolg errungen.

Im Jahre 1896 konnte der Liederkranz unter dem Dirigenten Albert Haar sein 50jähriges Bestehen feiern. Wilhelm Boeuf war Vorstand. Anlässlich dieses Festes wurde dem Verein von den Festjungfrauen eine Fahnenschleife gestiftet.

Mit der 2. Fahnenweihe im Jahre 1906 zum 60jährigen Stiftungsfest mit Preissingen am 15.7.1906 im Gasthaus "Zum Lamm" konnte der Liederkranz einen weiteren Höhepunkt in der Vereinsgeschichte erreichen. Beim Ehrensingen gegen starke Konkurrenz wurde er mit dem Großherzogs-Preis ausgezeichnet. Die Festjungfrauen überreichten einen silbernen Lorbeerkranz. Die eigentlichen Feierlichkeiten fanden auf dem Festplatz statt und es waren so viele Gäste gekommen, dass manche den Ort wegen Platzmangel wieder verlassen haben. Ab diesem Jubiläumsjahr war Ludwig Marsch 1. Vorsitzender und blieb es bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges.

In den folgenden Jahren wurden wiederum Stiftungsfeste mit Gesangswettstreit oder Gartenfeste gefeiert, an denen alle Welschneureuter Vereine sich gerne beteiligten. Durch die guten Sangeserfolge erhielt der Verein ziemlichen Sängerzulauf, so dass am Ende des Jahres 1908 bereits 49 aktive Sänger zu verzeichnen waren.

Der Ausbruch des Weltkrieges 1914 - 1918 hat der Sängertätigkeit der Vereine - wie überall - ein jähes Ende bereitet.

1919 nahm der Verein seine Singstunden unter dem Dirigenten Karl Lutz aus Knielingen wieder auf. Unter schweren wirtschaftlichen Verhältnissen verstand er es, den Verein wieder zu einer beachtenswerten Höhe zu führen.

Trotz der sehr schlechten wirtschaftlichen Lage hat der Liederkranz, wenn auch in bescheidenem Rahmen, im Jahre 1926 sein 80jähriges Bestehen gefeiert. In dem Festbuch zum 80jährigen Bestehen steht geschrieben:

"Möge uns auch in dem neuen Zeitabschnitt der Tage tiefster Betrübnisse solche höchster Freude vergönnt sein. Möge der Verein bis in die fernsten Zeiten das hehre, freie Lied in seinen Reihen hegen und pflegen getreu seinem Wahlspruch:
 
Durch Lied und Sang begeistern wir und öffnen weit der Freiheit Tür.
Zum Kampf, du freie Sängerschar, und hoch die Freiheit immerdar.
"

In der sich allgemein verschlechternden politischen Lage und Arbeitslosigkeit gelang es dem damaligen 1. Vorstand Friedrich Crocoll immer wieder, die Sänger zusammenzuhalten und die Sangestätigkeit durchzuführen.

Im Jahre 1933 hatte die politische Unruhe ihren Höhepunkt erreicht. Durch die Machtübernahme des NS-Regimes wurde allen Vereinen, die den Arbeiterbünden angehörten, die Tätigkeit untersagt. So auch dem Liederkranz Welschneureut, ihm wurde seine Fahne und das gesamte Vereinsvermögen durch die Treuhandstelle des Landes Baden genommen.

Ein großer Teil der Vereinsmitglieder hatte sich daraufhin entschlossen, seinem Bruderverein "Sängerbund", der als bürgerlicher Verein dem Badischen Sängerbund angehörte - Julius Weis jun. war zu dieser Zeit 1. Vorstand - beizutreten.
Politische, gegensätzliche Meinungen sollten nicht der Grund sein, die Sängerbewegung, die 1846 in Welschneureut begann, zunichte zu machen. Die Sänger erinnerten sich an ihre Vorfahren, die als Vertriebene im Jahre 1699 in Neureut sich ansiedeln durften. Ebenso mutig und hoffnungsvoll wollten sie sich jetzt wieder zeigen.
"Miteinander" wollten sie das schöne Werk des Chorgesanges fortsetzen. In einem Schreiben aus dem Jahre 1934 steht geschrieben, dass von den beschlagnahmten Gegenständen des Liederkranz Welschneureut
  1 Notenschrank mit Noten (außer der marxistischen Lieder, die vernichtet wurden) für 12,- RM,
  1 Fahnenträgergurt für 2,50 RM und
  1 Trinkhorn für 5,- RM
der Sängerbund erwerben konnte.

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